INKEN BERG BERICHTET VON IHREM BESUCH IN RUANDA (16. März. 2019)

Im März diesen Jahres hatte ich die Möglichkeit die ruandischen Kunstradfahrer in Kigali kennenzulernen. Jonathan, der Trainer, hatte ein paar Kinder für ein Sondertraining zusammengetrommelt, da ich aufgrund der Coronapandemie bereits frühzeitig abreisen musste. Wir trafen uns morgens wie vereinbart vor der Trainingshalle.

An diesem Tag wurde aber leider verkündet, dass in ganz Ruanda öffentliche Veranstaltungen verboten sind. Somit war leider auch die Halle, in der die Kunstradfahrer normalerweise trainieren, gesperrt. Dennoch erzählte mir Jonathan viel über die Kinder, wer welche Übung schon beherrsche und wie sie sich im Sport, aber auch im privaten Leben durch das Training weiterentwickelten. Die Kinder, die sich wahnsinnig auf das Training gefreut haben, entschlossen dann einfach mit den Fahrrädern, die glücklicherweise beim Trainer zu Hause gelagert waren, auf dem schmalen Gehweg am Straßenrand zu fahren. Auch wenn dieser keine 2 Meter breit und aus festgetretenem Sand und Erde war, zeigten sie mir ein paar Tricks.

Nach kurzer Überlegung gingen wir dann zu einem nahegelegenen Stück Straße, das nicht von Autos befahren wurde. Hier gab es einen Steinboden, der zwar abschüssig, aber abgesehen von einem Hubbel eben war. Die größere Fläche ermöglichte viele weitere Übungen, wie z.B. auch ein Sattellenkerstand. Wenn die Kinder am abschüssigen Ende ankamen, sprangen sie einfach vom Rad und fuhren wieder hoch. Mich hat die Freude wahnsinnig begeistert, die die Kinder ausgestrahlt haben. Es wurde dafür gekämpft auf das Rad zu dürfen, um ein paar Elemente zu zeigen. Da derzeit nur zwei Fahrräder funktionstüchtig waren, konnte jedes der ca. zehn Kinder nur wenig Zeit auf dem Rad verbringen. Nach nur kurzer Zeit wurden wir leider von dem Platz wieder vertrieben, da wir das Training nicht angemeldet hatten. Jonathan erzählte mir im Anschluss, dass es diesen Kindern an vielem fehle. Mehrere der Sportler, die ich getroffen habe, leben auf der Straße, andere haben ein schlechtes Verhältnis zu der Familie. Nur wenige Kinder gingen, bevor sie zum Kunstradfahren kamen, zur Schule. Durch das Training haben sie gelernt, sich an Regeln zu halten und dass sie durch fleißiges Üben etwas erreichen können. Nur wer zur Schule geht, darf regelmäßig trainieren. Jonathan sagte, es gäbe noch viel mehr interessierte Kinder, aber mit 30 Kindern sei er am Limit. Mehr Kinder kann er nicht aufnehmen, da er nur noch zwei funktionsfähige Räder habe. Die anderen beiden haben einen Platten und neue Schläuche könne er in Ruandas Hauptstadt Kigali nicht bekommen. Wie verrückt, denke ich mir, dass bei uns die alten, zwar abgefahrenen aber ansonsten intakten Reifen weggeschmissen werden und hier fehlen sie. In meiner Zeit in Ruanda habe ich oft die massiven Unterschiede zu Deutschland gespürt, es fehlt am Nötigsten. Die Kinder trainieren barfuß, weil sie keine Schuhe besitzen. Die Hosen haben Löcher. Und dennoch strahlen diese Kinder eine Zufriedenheit aus, die mir in Deutschland selten so begegnet ist.

Ich bin glücklich die Bekanntschaft mit den ruandischen Kunstradfahrern gemacht zu haben. Natürlich freue ich mich, dass es in diesem Land unseren Sport gibt; doch viel mehr bewegt mich der Gedanke, dass der Sport hier eine solch besondere Rolle einnimmt. Der Sport ist ein Sozialprojekt, dass den Kindern ermöglicht positive Erfahrungen zu machen, sie animiert zur Schule zu gehen, damit sie später eine Chance haben einen Job zu finden. Der Sport ist hier mehr als eine Leidenschaft, der Sport beeinflusst essenziell die Zukunft der Kinder.

Inken Berg

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